Zwei künstlerische Positionen kommen sich ins Gehege. Und zwar im Wortsinn, denn bereits der Titel verweist auf den Park als Ausstellungsform, auf eine Kombination aus Aussichten und Blickachsen, aus Staffelungen und Durchblicken, auf einen künstlich angelegten Außenraum als Innenraum. Die erste Ausstellung bei Axel Obiger nach dem Schaufensterformat der Akutsprechstunde öffnet den Raum wieder in seiner gan-zen Tiefe und inszeniert einen visuellen Parcours zwischen Objekt und Farbe, zwischen Künstlichkeit und Wildnis. Der Begriff Prospekt verweist hier auf die Ansichten und Ebenen eines gemalten Bühnenbildes ebenso wie auf das russische Wort für Straßenzug oder Allee.
Die Bezüge der Ausstellung reichen dabei weit in die Entwicklung neuzeitlicher Parkanlagen zurück: Als im 18. Jahrhundert der englische Landschaftspark die mathematische Strenge der exakt angelegten Beete und beschnittenen Hecken des bis dahin vorherrschenden Barockgartens verdrängte, ging dies mit der frühen Industrialisierung einher und offenbarte ein Verständnis von Natur, das einem begehbaren Bild, einer inszenierten Natürlichkeit nahe kam. Blickachsen und mitgedachte Betrachterstandpunkte sowie die Dialektik von Zeigen und Verbergen, ermöglichten eine kulissenhafte Staffelung von Ebenen, in denen der Besucher beim Flanieren durch den Park zum Mitwirkenden einer Aufführung wurde. Kleinstarchitekturen wurden ebenso kunstvoll eingearbeitet, wie Laiendarsteller, die in der Rolle von „Eremiten“ die künstliche Grotten zum Brot-erwerb tagsüber „bewohnten“. Abends waren diese selbstverständlich wieder zuhause.
Die Grenzen des Landschaftsparks waren fließend und oft kaum wahrnehmbar in die bewirtschafteten Flä-chen der Umgebung eingebettet.
Mit dem Beginn ihres Verlusts durch die Industrialisierung, wird die Natur damit vom feindlichen Chaos zu einem scheinbar beherrschbaren und inszenierenswerten Erlebnis, eine Haltung, in der das zeitgenössische Missverständnis im Umgang mit der Natur bereits angelegt zu sein scheint.
Matthias Moravek (*1976, lebt und arbeitet in Berlin) setzt sich in seinen oft kulissenhaft gestaffelten Malereien spielerisch mit Inhalt, Form und Farbe von Räumen und Phänomenen wie Wolken, Wäldern und Dschungeln auseinander und lotet dabei den weiten Bereich zwischen Abstraktion und Figuration aus. In der Ausstellung zeigt er landschaftlich assoziierte Bildräume, die zwischen Tiefenräumlichkeit und Fläche hin und her springen. Sein Fundus reicht dabei von exotischen Reiselithographien bis hin zu den digitalen Bildräumen der Gegenwart.
Die Pflanzen-Skulpturen von Alexander Skorobogatov (*1983, lebt und arbeitet in Berlin) wiederum, spielen mit einer spannungsgeladenen Balance aus Gegensätzen elementare Aspekte der Bildhauerei durch und bestechen mit ihren Farbkombinationen und ausladenden Gesten, was sie zu echten Verführerinnen macht. Doch auch an ihnen knabbert hier und da die Vergänglichkeit. Skorobogatov geht es dabei keinesfalls darum, die Natur zu imitieren, vielmehr handelt es sich um ein Spiel mit Mythen, um eine originelle Anverwandlung und Transformation eines traditionellen Sujets der Kunstgeschichte in unsere Zeit.
Welche Bezüge die beiden Künstler zwischen Formwillen und Chaos, zwischen Ausstellungsraum und Straße, zwischen der Natur und ihrer Ordnung durch den Menschen formulieren, lässt sich bis 14. August 2021 bei Axel Obiger besichtigen.